Mittwoch, 29. April 2015

Wind, Wasser und viel viel Geduld

Nach Las Vegas führte unser Weg Richtung Grand Canyon, dazwischen gabs einen kurzen Zwischenstopp beim Hoover Dam. Dieser staut den Colorado River und ist sehr eindrücklich.

Auch nebst dem Hoover Dam war der Weg zum Grand Canyon wunderbar, denn der Kaibab National Forest säumte die letzten rund 40 Meilen. Die Strasse hatte praktisch keine Kurven und bestand aus halb hohen Nadelbäumen. Am frühen Abend angekommen, hatten wir Glück und fanden noch einen Platz für unser Zelt. Als das Zelt aufgebaut und das Abendessen gekocht war, beschlich uns das Gefühl von Kälte. Leider hatten wir verpasst, dass wir uns auf rund 2'100 M.ü.M. befinden und für die Nacht genau 1 Grad Celsius vorhergesagt war. Na gut, dann gabs halt ein "Live Material Check", denn unsere Schlafsäcke sollten bis 0 Grad die gewünschte Leistung erbringen.

Am nächsten Morgen wachten wir mit etwas kalten Füssen auf, ansonsten alles tip top. Dann mal los. Ab in den Shuttelbus und hin zum Ausgangspunkt unserer Wanderung in den Canyon. Gemäss offiziellen Angaben soll diese Wanderung sechs Stunden dauern. Vor einer Wanderung bis hinunter zum Colorado River und wieder hoch wird strengstens abgeraten.

Bereits im Bus konnten wir den Canyon sehen, und das Staunen nahm seinen Anfang. Doch erst als wir den Shuttel verliessen und direkt am Rand des Canyon standen wurde Pädu zum ersten Mal und Linda zum zweiten Mal die ganze Dimension des Grand Canyon bewusst. Die Tiefe des Canyons und die enorme Breite sind kaum zu erfassen, die verschiedenen Gesteinsschichten tragen die passende Dramaturgie dazu bei. Jeder Vergleich um diesen Ort zu beschreiben hinkt. Unglaubliche vor allem ist, dass man sich bewusst werden muss, dass man hier nur einen kleinen Ausschnitt sieht, denn der Canyon ist über 100 Meilen lang und ebenso fehlt einem die Vorstellungskraft, dass Wind und Wasser eine so enorme Kraft aufbringen können, um solch enorme Kerben in die Erde zu schlagen. Noch immer waren wir keinen Meter gegangen, absolut phänomenal, ohne Abstriche!

Aber jetzt mal los, sonst würden wir den Skeleton Point, unser Ziel der Wanderung nie erreichen. Begleitet von blauem Himmel, Sonne und diesem unglaublich guten Gefühl, gingen wir Schritt um Schritt unserem Ziel entgegen und somit in den Canyon hinein. Die Verhältnisse des Canyon erhielten nochmals andere Dimensionen, neue Abschnitte erschienen, die Perspektive änderte sich. Die Faszination sollte uns noch den ganzen Tag und weit darüber hinaus begleiten. Auch haben wir während der Wanderung festgestellt, dass die Zeitangaben sehr grosszügig und dem "durchschnittlichen" Besucher angepasst sind. Auf jeden Fall hatten wir anstelle von 6+ nur 4.5 Stunden und es wäre durchaus möglich gewesen bis ganz in den Canyon und wieder hoch zu gehen (u.a. auch, weil noch Frühlingstemperaturen herrschten). 

Zurück beim Zeltplatz angekommen, wollten wir uns gerade auf den Weg zum Sonnenuntergang machen, als ein Auto stoppte. Sie hätten heute keine Bleibe und wollten uns fragen, ob wir den Zeltplatz teilen würden. Kein Problem für uns, und plötzlich wurde die Welt wieder klein. Denn es stellte sich heraus, dass Rosalie eine Zeit lang in Bern lebte und sie absoluter Ovo Fan ist. Als Dankeschön hatte sie ein Ovosport für uns bereit. Rosalie, Thea, Matthew und wir beide genossen den Abend zusammen, tauschten Geschichten aus und hatten viel zu lachen. Ein toller Tag ging zu Ende und eine weitere kalte Nacht sollte auf uns warten.

Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg den Rim, also den Rand, zu erkunden. Auf einem betonierten Weg, zum einen für Rollstuhlfahrer, zum anderen für relativ stark übergewichtige Amerikaner, die in Ihren Elektrowägeli herumfahren, gings dem Rand entlang.

Nachdem wir die Tiefe sowie die Länge erkundet hatten, gings weiter nach Page. Der Antelope Canyon sollte am folgenden Tag auf uns warten...

(Aussicht vom Hoover Dam)





Schon fast jeder hat ein Bild vom Antelope Canyon gesehen, diese unwirklich erscheinenden Farben, von sattem Orange in dunkles Grau-Braun, gepaart mit wunderbaren Formen. Zur besten Tageszeit durften wir den Canyon betreten, dann, wenn die Sonne direkt darüber steht und somit mit einzelnen Strahlen den Boden des Canyons berührt. Weiter sind die Farben zu dieser Zeit am kräftigsten. Und genau so war es denn auch. Ein wunderbarer Ort, der es ohne Probleme mit jedem Museum in der Welt aufnehmen kann. Das Zusammenspiel von Farben und Formen in diesem, doch teilweise relativ engen, Canyon war schlicht atemberaubend. Ein Canyon, der viel filigraner ist, als der grobe und mächtige Grand Canyon. Ein Canyon, der mit seinen Details zu überzeugen mag, Kanten gibt es keine mehr, Wind und Wetter rundeten alles ab. 

Leider wurde diese bezaubernde Stimmung von viel zu vielen Leuten kaputt gemacht. Obwohl man nur geführt den Antelope Canyon besichtigen kann, hatte es mehr Leute als an einem Samstag mit 20% Rabatt in der Ikea Lyssach. Und den meisten von ihnen gings nur ums Foto. Also los, Ellenbogen raus und Halali! Wirklich schade, wäre doch gerade die Atmosphäre das Wunderbare an diesem Ort...




Weiter gings zum Zion National Park. Nicht eigentlich ein klassischer Canyon, denn hier wirkten zwei Naturgewalten auf einmal. Zum einen erarbeitete der Virgin River den Canyon, wie man ihn kennt. Dieser Vorgang ist auch heute nicht abgeschlossen, fördert er doch immer noch eine beträchtliche Menge an Gestein und Sediment ins Tal. Weiter kommt es unregelmässig zu sogenannten Flashfloods, also massiven Sturzfluten, welche vor allem durch heftige Regenfälle ausgelöst werden. Die Flut treibt dann auf einmal grosse Mengen an Geröll, Gestein oder auch grosse Massen an Holz vor sich her. 

Zum anderen erschufen grosse Kräfte eine Art "Sandstein Berge". Über Jahrmillionen verfestigten sich die verschiedenen Sand- und Gesteinsschichten durch den Druck neuer Schichten. So wurden sie kompakt gepresst und verhärteten sich zu Felsen. Deshalb erkennt man heute die verschiedenen Schichten so gut. Und auch hier verleihen die Mineralien, vor allem Eisen, dem Stein eine rötliche Farbe.

Die Wände im Zion ziehen sich steil nach oben. Wie Wolkenkratzer stehen diese alten und mächtigen Riesen in der Landschaft. Der eigentlich kleine Virgin River ergibt die wichtigste Ressource für Flora und Fauna. Eine wunderbare Gegend hat die Natur hier erschaffen. Diese lud uns zum verweilen und erkunden ein.

Als erstes ging's aufs Angels Landing. Viele der Berge tragen dem Himmel geweihte Namen, ein Einfluss der Mormonen. Auch der Name Zion stammt von ihnen. Angels Landing ist eine Wanderung auf einen Fels, der die Eckpunkte zweier Täler markiert. Der letzte Teil führt über einen Gradt, von wo aus es links und rechts weit in die Tiefe geht. Die Aussicht ist phänomenal und die Bilder von Natur und "kletternden" Menschen unvergesslich.









Am nächsten Tag folgten wir, ausgerüstet mit Wasserschuhen und wasserfesten Hosen, dem Virgin River. Dem Fluss entlang und meistens gar im Fluss, gings in der Schlucht flussaufwärts. Nach rund 2.5 Stunden erreichten wir eine Passage, welche nur noch schwimmend zu überwinden gewesen wäre. Da der Fluss gerade mal 8 Grad kalt war, machten wir kehrt. Ein amüsanter und abenteuerlicher Tag ging leider so nass zu Ende, wie er sich auch ansonsten äusserte. Es regnete am Abend. Na dann, ab ins trockene Zelt.



Am dritten und letzten Tag gings noch hoch zum Observation Point. Einem Punkt mit toller Aussicht aufs Angels Landing und ins ganze Tal. Wir hatten Glück und konnten die Wanderung fast trocken abschliessen. Leider regnete es anschliessend die ganze Zeit. Also ging's ins Brew Pub (anstelle von Dosenessen ab Kocher) und mit IPA und herrlichem Burger beendeten wir diesen Tag und die Tage im Zion.


Erschöpft, aber glücklich und zufrieden gings früh ins Zelt. Am nächsten Morgen sollte es früh weitergehen in Richtung Bryce Canyon. Sind wir gespannt was uns da erwartet!



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen