Montag, 5. Januar 2015

Bolivien zweimal anders

Nach dem wir unsere erste Nacht in einer bolivianischen Stadt (Uyuni) verbracht hatten, sollte es am nächsten Tag mit dem Bus weitergehen. Unser Ziel war Potosi.

Potosi, eine Stadt, welche noch unter Unesco Weltkulturerbe steht und eine, im wahrsten Sinne des Wortes "reiche Geschichte" hinter sich hat. Doch Eines nach dem Anderen...

Denn bevor wir in Potosi eintrafen, lag schliesslich eine rund 4 stündige Busfahrt vor uns. Vier Stunden Bolivien und somit vier Stunden Neuland. Diese Busfahrt war atemberaubend. Der Weg führte über viele verschiedene Andenpässe, immer wieder neue Täler eröffneten sich zu beiden Seiten und auch die Berge nahmen immer wieder verschiedene Farben und Formen an. Eine wunderschöne Strecke, welche uns nach Potosi brachte.

Nun waren waren wir also angelangt in Potosi. Silvester. Zuerst einmal ins Hotel und dann hatten wir um 18 Uhr mit Mette und Jonas, unseren dänischen Weggefährten, beim zentralen Platz abgemacht. Nach einer kurzen Pause machten wir uns auf die Socken. Zwei, drei Schnappschüsse vom Fussballstadion von Real Potosi und danach ab in den Microbus ins Zentrum. Tja, leider war dieser Microbus nicht ganz so schnell wie angenommen und wir verspäteten uns gehörig. Also mal raus aus dem Bus und rein ins Getümmel. Und zwar mitten ins Getümmel. Es herrschte wildes Treiben an den verschiedene Marktständen und wir bekamen alles zu Gesicht was feil geboten wurde. Dazu gehörten neben roter Unterwäsche, auch verschiedene Getränke, Kinderspielzeuge, getrocknete Lamaföten, Schweineköpfe, Torten, Silvesterknaller und vieles vieles mehr. Alles schön und gut, doch leider hatten wir Mette und Jonas verpasst. Zum Glück machten diese sich eine Stunde später nochmals auf die Socken, so dass wir uns doch noch trafen. Der zentrale Platz war ein einzig grosses Kinderfest. süssigkeiten, Fotos mit Sankt Nikolaus, dem Grinch und anderen, mehr oder weniger, weihnachtlichen Gestalten. Wir machten uns mal auf die Suche fürs Abendessen und schon da stellten wir fest, dass es wohl nicht ganz einfach werden würde, etwas zu finden. Und doch gab es leckeres Poulet in verschiedenen Variationen mit Pommes und leckerem scharfem Dip. Ein wunderbarer Silvesterschmaus. Um halb elf schloss das Restaurant und wir machten uns wieder auf die Suche nach einem geeigneten Ort, um auf den Silvester anstossen zu können. Eine Herausforderung, die nicht ganz einfach zu managen war. Die Discos waren eher zwielichtig und es hätte sich gemäss ihrem Aussehen auch um grosse öffentliche Toiletten handeln können und die Restaurants waren praktisch alle geschlossen. Alle, bis auf eines, geführt von einem älteren Paar, ansonsten jedoch leer gefegt. Nichts wie rein in die gute Stube, Bier bestellt und unter ungläubigen Blicken des Besitzerpaares gekonnt zwei Minuten zu früh aufs neue Jahr angestossen. Das war Silvester feiern mal anders.... 

Nächster Tag, neuer Eindruck. Potosi, eine harte Stadt, eine Arbeiterstadt. Reich geworden durch den Cerro Rico und die darin enthaltenen Mineralien, vor allem Silber. Potosi, verantwortlich für die Münzprägung für den ganzen amerikanischen Kontinent. Diese Zeiten sind jedoch eher der Vergangenheit als der Gegenwart zuzuschreiben. Der Glanz ist verblasst, der Berg wird nur noch rund 3-4 Jahre zu bewirtschaften sein. Die Atmosphäre in der Stadt war zum Teil doch sehr irritierend. Mit verschiedensten Blicken wurden wir konfrontiert, von neugierig, interessiert, zu skeptisch und ablehnend war alles dabei. Die Stadt hatte eigentlich nur direkt im Zentrum Charme zu verbreiten und diese Zentrum war nicht gerade gross. Und dann beschäftigte uns die Frage "Sollen wir nun die Mienen besuchen oder nicht?" Gedrängt vom Intersse, diese Mienen zu besuchen, neue Eindrücke zu gewinnen, Realitäten zu begreifen, wurden wir doch gehemmt von der eigenen Sicherheit, dem ergötzen an der Armut dieser Menschen und der generellen Frage nach der Akzeptanz der Mienenarbeiter für solche Touren an und für sich... Wir entschieden uns dagegen und genossen einen weiteren Tag in der Stadt und besuchten das Museum La Moneda, welches für die Münzprägung verantwortlich war.

Fussballstadion

"Schütz in Bolivien"






Am nächsten Tag erwartete uns eine abenteuerliche Reise nach Sucre. Wir entschieden uns gegen den Bus, der etwa 4 Stunden unterwegs wäre und wählten die Option Ferrobus. Zu gut Deutsch ein "Zugbus". Es handelt dich dabei um nichts anderes als um einen umgebauten Bus, der mit einem Zugfahrwerk versehen wurde und jetzt also auf Schienen rollt, jedoch immer noch mit Gas-und Bremspedal sowie Schaltknüppel.
Also warteten wir am Bahnhof. Die Tickets gekauft, unsere Mitfahrer "kennen gelerent". Diese Zugfahrt sollte "real" werden, so viel stand fest. Ein "local" Trip durch die Berge, mit den richtigen bolivianischen "homies". Und dann der grosse Auftritt und unser Ferrobus betrat schnaubend die Bühne...


Und dann ging es los, und bereits nach rund 10 Minuten Fahrt, wir hatten Potosi noch nicht ganz verlassen, gabs erste Probleme. Huch, und uns standen noch rund 7 Stunden und 50 Minuten bevor. Die Schienen kennen keine geraden zehn Meter und sind in relativ schlechtem Zustand. Egal, wir waren on the track und genossen die Zugfahrt. Kamen Häuser, verfolgten uns bellende Hunde, lagen mal keine Steine auf den Geleisen waren es dann auch mal Kühe oder Schweine. Aber dafür hatten wir ja nebst dem Fahrer auch einen Angestellten der bolivianischen Bahn dabei, der sämtliche Hindernisse fachmännisch entfernte. Nach den ersten rund zwei Stunden, die uns mehr oder weniger entlang der Strasse geführt hatten, gings ab durch praktisch unberührte Natur. Verschiedene Berge wurden überquert. Die Dörfer wurden immer kleiner, die Landschaft immer eindrücklicher. Wir bekamen Einblicke in die bolivianische Landwirtschaft uns sahen, wie in Tälern, aber auch auf Bergen mit einfachsten Mittel erfolgreich gepflanzt und geerntet wurde. In trockenen Tälern wurde es plötzlich grün und auf steinigen Hügeln bekam man bestellte Felder zu Gesicht.

Und dann kam der Halt in Villa Villa. Der Bus, oder eben Zug, fasste rund 25 Personen und obwohl der Zug bereits mehr als halb voll war, wollten nochmals rund 30 Personen einsteigen. Und dann hatte man plötzlich das Gefühl, man sei in einer Ubahn in einer Metropole. Es wurde geschubst, gedrängelt und gekratzt, was das Zeug hält. Nach einzelnen Klagen konnte die Fahrt dann doch fortgesetzt werden. Da Pädu einer Frau mit kleinem Kind den Sitzplatz anbot, hiess es von da an rund 4 Stunden in leicht gebückter Haltung stehen (Bolivien ist nicht für 1 Meter 90 gemacht), und dies ohne allzu grosse Bewegungsmöglichkeiten.

Und dann waren wir also in Sucre...



Nicht zu vergleichen mit Potosi. Sucre, eine Studentenstadt, mit ihren weissen Gebäuden strahlt sie in den blauen Himmel, sie ist gepflegt, die Leute nehmen einem ganz anders auf. Auch ist die Stadt wichtig für die bolivianische Geschichte, wurde doch hier die Unabhängigkeitserklärung unterschrieben. Weiter gilt Sucre auch heute noch als Denkzentrum Boliviens.






Unsere Unterkunft, gebucht über Air B&B bei einer Familie etwas ausserhalb des Zentrums, erwies sich als Glücksgriff. Die Zimmer sind sauber und gepflegt, ebenso das Bad, die Familie ist sehr hilfsbereit und organisierte für uns den Marktbesuch in Tarabuco und die Eintritte zu einer Tanzshow, bei der die vielen verschiedenen Bräuche Boliviens gezeigt werden sollten. 

Die Tanzshow war, naja...sagen wir mal "genügend". Zwei Stunden Unterhaltung, zwei Stunden Tanz, eine hätte gereicht.

Der Markt in Tarabuco, als traditioneller Markt mit viel Handwerkskunst angepriesen, war sagen wir mal "ordentlich"... Die Handwerkskunst kam grösstenteils aus China und die gezeigten Stoffprodukte glichen sich in Farbe und Motiv. Und doch war dieser Markt spannend. Denn es waren sehr viele Leute angereist, um ihren Wocheneinkauf zu tätigen. Und so bewegte man sich inmitten eines bolivianischen gesellschaftlichen Queerschnitts. Von modern bis sehr traditionell war alles vertreten.

Eine im wahrsten Sinne "herzliche Begrüssung"

Fleisch zum trocknen aufgehängt

Die restlichen 2 Tage in Sucre verbrachten wir mit gemütlichem Bummeln durch Sucre und dessen Museen. Am letzten Abend entschlossen wir uns bei der Familie zu essen und noch etwas Zeit mit ihnen zu verbringen. Die Kinder genossen das Flügerlispiel und das Umeblödelen mit uns. Nach einem feinen Znacht zeigten Bertha und Peppe uns einen Film, der unter die Haut ging. Nach dem Film sprachen wir noch lange über Gott und die Welt mit ihnen. Unheimlich spannend und interessant...wir bleiben sicher in Kontakt! (Filmtipp: Tambien la lluvia).







1 Kommentar:

  1. Hey! Super Blog! Lustig und informativ geschrieben! War auch in Uyuni, Potosi ect. :-) ... aber nicht mit den gleichen Verkehrsmittel unterwegs...manchmal haben wir die gleichen Bilder :-D Danke, dass ivh das lesen durfte! Weiter so! Gruss
    jessys-adventure.blogspot.com

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